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Erfassung und Bewertung von Eintragswegen für Belastungen mit Fäkalkeimen im Einzugsgebiet der Seefelder Aach (Bodenseekreis)

Bild der Titelseite der Publikation: Erfassung und Bewertung von Eintragswegen für Belastungen mit Fäkalkeimen im Einzugsgebiet der Seefelder Aach (Bodenseekreis)

Güde, Hans

2002

Projektbericht - Abschlussbericht

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Beschreibung

Bakterielle Verunreinigungen von Gewässern finden wegen ihrer Bedeutung für die Trink- und Badewassernutzung allgemein hohes öffentliches Interesse. Im Bewußtsein der Öffentlichkeit wird Gewässergüte daher vor allem auch mit dem Ausmaß bakterieller Verunreinigungen in Verbindung gebracht. Am Bodensee finden beispielsweise Nachrichten über vereinzelte Verunreinigungen von Badegewässern mit Fäkalbakterien vergleichsweise große Beachtung. Sie sind jedoch für den Laien insofern nicht ohne weiteres verständlich, als sie scheinbar im Widerspruch zu (ausschließlich auf den Rückgang der Eutrophierung bezogenen) amtlichen Erfolgsbotschaften stehen, wonach der Bodensee wieder so sauber sei wie lange nicht mehr. Daher sollte die Keimbelastung auch seitens der Wasserwirtschaft für die Gewässerbewertung im Auge behalten werden, obwohl diese Gewässerbelastung traditionsgemäß dem Ressort Gesundheitswesen zugewiesen ist. (Popp 1995, Ecker et al. 1996). Der von der Wasserwirtschaft hochgehaltene ganzheitliche Gewässerschutz beinhaltet jedoch, daß alle Belastungsformen der Gewässer zu berücksichtigen und entsprechende Vermeidungs- und Abhilfemaßnahmen zu planen sind.

Akzeptiert man also die Notwendigkeit der Einbeziehung der Fäkalkeimbelastung für die Gesamtkonzeption des Gewässerschutzes, so sind – wie für andere Belastungsformen auch – Grundlagen zur Bewertung des entsprechenden Belastungsrisikos und der Wirksamkeit belastungsmindernder Maßnahmen erforderlich. Trotz einer zur Thematik der Fäkalkeimbelastung schon vorliegenden kaum noch übersehbaren umfangreichen Literatur, ist der erreichte Kenntnisstand weder für verallgemeinerbare noch ortsspezifische Aussagen zu hauptsächlichen Quellen, Eintragspfaden und zum Verbleib der Fäkalkeime wirklich ausreichend. Das liegt vor allem daran, daß in den meisten Studien nur isolierte Einzelaspekte wie Keimzusammensetzung, Absterbe- und Vermehrungsraten untersucht wurden. Dagegen liegen bislang kaum Studien vor, in denen die Fäkalkeimbelastung ganzheitlich für ein gesamtes Fluß-Einzugsgebiet unter Berücksichtigung von topographischen, hydrologischen , landwirtschaftlichen und siedlungswasserwirtschaftlichen Gegebenheiten betrachtet wurden (z. B. Baumann et. al 1992, Wuhrer 1995). Nur mit einzugsgebietsbezogenen Betrachtungen sind aber Planungen zur Gewässerbewirtschaftung und Gewässerschutz letztlich sinnvoll, weshalb diese auch zur verbindlichen Vorgabe zur Umsetzung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinien wurden. Darüber hinaus werden sie auch für die anstehende Fortschreibung der EU-Badegewässerrichtlinien gefordert (Europäische Kommission 2000).

Diese Vorgabe der Europäischen Wasserrahmenrichtlinien war auch einer der wichtigsten Anstöße dafür, daß zwischen 1998 und 2001 umfangreiche Erhebungen der Gewässerbelastungen im Einzugsgebiet der Seefelder Aach durchgeführt wurden (Abb.1). Das Land Baden-Württemberg wollte über ein Pilotvorhaben Grundlagen zur Umsetzung des Einzugsgebietsmanagements im Sinne der EU-WRRL erarbeiten lassen. Das Ministerium für Umwelt und Verkehr (UVM) beauftragte daher 1998 das Institut für Gewässerforschung und Gewässerschutz; Universität Kassel mit dem Modellprojekt Gewässerbewirtschaftung Seefelder Aach (Projektleitung Dr. Borchardt). Man hatte sich hierzu für einen Bodenseezufluß entschieden, da aufgrund der langjährigen Zuflußuntersuchungen der Internationalen Gewässerschutzkommission für den Bodensee (IGKB) eine überdurchschnittlich gute Datengrundlage vorausgesetzt werden konnte. Ausschlaggebend für die Auswahl der Seefelder Aach war auch der Umstand, daß in der jüngeren Vergangenheit im Bereich der Mündung mehrfach zwei mit der Seefelder Aach in Zusammenhang gebrachte Probleme auftraten, die auch in der Öffentlichkeit Beachtung fanden. Zum einen wurden bei den nahe der Mündung gelegenen Pfahlbauten Unteruhldingen in den letzen Jahren verstärkte Anlandungs- und Erosionserscheinungen beklagt, zum anderen wurden die mündungsnahen Badeplätze der Gemeinde Uhldingen-Mühlhofen in den letzten Jahren wiederholt bakteriologisch beanstandet. Mit der Auswahl der Seefelder Aach bestand somit begründete Hoffnung, daß über das eigentliche Oberziel des Vorhabens hinaus auch Ursachen und Lösungen für solche aktuellen lokalen Probleme gefunden werden könnten.

Die bakteriologischen Beanstandungen an der Mündung waren auch hauptsächlicher Anlaß für das hier vorgestellte Projekt zur Fäkalkeimbelastung, da vor allem im Interesse des Tourismus erhöhter Handlungsbedarf für Abhilfemaßnahmen gesehen wurde. Nachdem schon 1992/93 ein ähnliches Projekt für das Einzugsgebiet des Bodenseezuflusses Schussen (Güde et al. 1994) durchgeführt wurde, sollten nun am Fallbeispiel der Seefelder Aach die erforderliche sowohl ortsspezifische als auch allgemeine Gesichtspunkte berücksichtigende Datengrundlage zur Bewertung der Eintragswege und des Verbleibs der Fäkalkeime durch das Projekt bereitgestellt werden. Dieses war zunächst unabhängig vom Vorhaben des UVM als Teil des vom Regierungspräsidium Tübingen initiierten Aktionsprogramms Seefelder Aach konzipiert worden. Es wurde aber nach der Einrichtung des UVM-Modellprojekts und des zugehörigen Fach-Arbeitskreis Seefelder Aach eng mit jenem verknüpft. In diesem Kreis waren sämtliche an der Seefelder Aach laufenden fachlichen Untersuchungsprojekte vertreten, darunter neben den schon genannten Institutionen auch das Institut für Siedlungswasserwirtschaft der Universität Stuttgart mit Untersuchungen zu den Einträgen von Pflanzenschutzmitteln (Projektleitung Prof. Dr. Rott und Dr. Schlichtig), sowie das Institut für Landespflege der Universität Freiburg mit dem Projekt „Geographisches Landschafts-Informations-System Seefelder Aach" (LISA, Projektleitung Prof. Konold). Da dem Arbeitskreis auch die für Maßnahmen zuständigen Stellen von Landwirtschaft, Wasserwirtschaft und Gemeinden zugehörten, waren nahezu ideale Voraussetzungen gegeben, das Projekt im Sinne des geforderten ganzheitlichen Gewässerschutzes durchzuführen.

Das Untersuchungskonzept des Projektes wurde so angelegt, daß einerseits die raumzeitlichen Schwerpunkte der Keimbelastung durch ein zweijähriges den Fluß von der Quelle zur Mündung abdeckendes regelmäßiges Überwachungsprogamm sichtbar werden, anderseits durch zusätzliche ereignisorientierte Feld- und Experimentalstudien verläßliche Aussagen zu Quellen, Eintragswegen und Verbleib der Keimbelastungen erbracht werden sollten Mit diesem Untersuchungskonzept und den mit dem Facharbeitskreis gegebenen breiten fachlichen Voraussetzungen sollten mit dem Projekt im wesentlichen drei Zielsetzungen verfolgt werden:

  • Derzeit steht die Neubearbeitung der EU-Badegewässerrichtlinien an. In diesem Zusammenhang sollte das Projekt auch Beiträge zur dabei angestrebten Optimierung des bakteriologischen Monitorings in Oberflächengewässern erbringen. Durch die Berücksichtigung mehrerer Keimgruppen mutmaßlich fäkaler Herkunft und die Möglichkeit zur Verknüpfung der Ergebnisse mit dem Gesamtbild aller Belastungsarten bot dieses Fallbeispiel die Möglichkeit, den Indikatorwert der jeweiligen Keimgruppen (insbesondere im Hinblick auf fäkale Verunreinigungen) zu überprüfen.
  • Mit dem die einzugsgebietsweiten Untersuchungs-Ansatz und mit den durch den Arbeitskreis gegebenen breiten fachlichen Grundlagen ergab sich die Möglichkeit an dem Fallbeispiel Seefelder Aach den möglichen Stellenwert der Keimbelastung im Konzept des ganzheitlichen Gewässerschutzes zu bewerten.
  • Die Untersuchungen sollten eine Wichtung und Lokalisierung der Belastungsquellen ermöglichten Damit sollten Voraussetzungen für verbesserte Grundlagen zur Bewertung von Maßnahmen im Rahmen der Gewässerbewirtschaftung geschaffen werden, die somit vor allem eine realistischere Einschätzung im Hinblick auf Kosten-Nutzen Aspekte möglicher Maßnahmen erlauben sollten.

Im vorliegenden Abschlußbericht wird im folgenden das Einzugsgebiet der Seefelder Aach mit den wichtigsten Daten zur Hydrologie, Topographie, Landnutzung und Gewässergüte vorgestellt. Im nächsten Abschnitt werden der Untersuchungsansatz und die verwendeten Methoden beschrieben. Danach folgt eine Übersicht über die wichtigsten Untersuchungsergebnisse, wobei zunächst die im Rahmen des Überwachungsprogramms festgestellten räumlichen Schwerpunkte der fäkalen Belastung entlang des Flußlaufs und dann die Ergebnisse zu Quellen, Eintragswegen und Verbleib der Fäkalkeimbelastungen vorgestellt werden. In der abschließenden Erörterung werden die Ergebnisse im Lichte des vorliegenden Kenntnisstandes der einschlägigen Literatur betrachtet und im Hinblick auf die oben genannten Hauptziele des Projektes bewertet.